Vor 67 Jahren gegründet: Viva La Federación Anarquista Urugaya!

Am 27. und 28. Oktober 1956 fand der Gründungskongress der Federación Anarquista Urugaya (fAu) in Montevideo statt.

Dieser Schritt fiel nicht vom Himmel. Viele Genoss:innen, die sich nun in der fAu zusammenschlossen waren bereits in Kämpfen und Organisierungen in Betrieben, in Nachbarschaften und an den Universitäten aktiv. Einige von ihnen waren vor dem Faschismus geflohene anarchistische Exilant:innen aus Italien und Spanien. So unterschiedlich ihre Hintergründe waren, erkannten sie doch eines: Um ihrer Beteiligung an den verschiedenen sozialen Kämpfen mehr Effektivität und Kontinuität zu verleihen, brauchte es eine landesweite anarchistische politische Organisation.

In den kommenden Jahren baute die fAu ihre politische Arbeit und ihren Einfluss, vor allem in der Arbeiter:innenbewegung immer weiter aus. In unterschiedlichen Wirtschaftssektoren spielte sie eine wichtige Rolle in den Gewerkschaften. Der Spaltung der Arbeiter:innenbewegung in unterschiedliche Organisationen stellte sie ihre Perspektive einer gemeinsamen, großen Gewerkschaftsföderation entgegen. Im Jahr 1964 war es soweit: Die uruguayische CNT erblickte das Licht der Welt. In ihr beteiligte sich die fAu an der Entwicklung einer organisierten klassenkämpferischen Tendenz, um dem Einfluss der Kommunistischen Partei und ihrer Bürokratie zugunsten einer Stärkung der Basis und radikaleren Taktiken im Arbeitskampf zurückzudrängen.

In den 1960er Jahren schärfte die fAu den Charakter ihrer Organisation. Sie erkannte die Notwendigkeit einer gemeinsamen Analyse der gesellschaftlichen Zustände, eines geteilten ideologischen Fundaments und einer abgestimmten Strategie. Nur so war es der Organisation möglich, ihre begrenzten Kräfte in den Kämpfen von unten zu bündeln und tatsächlichen Einfluss zu gewinnen. Mit ihren theoretischen Ausarbeitungen, die sich direkt aus den Erfahrungen ihrer Praxis ableitete, legte die fAu den Grundstein für das, was wir heute als Especifsmo kennen.

Mit der zunehmenden Stärke der Arbeiter:innenbewegung, die immer massivere Arbeitskämpfe führte, ging auch ein Anwachsen der staatlichen Repression einher. Der Notstand wurde ausgerufen, viele sozialistische Organisationen verboten und das Militär war in immer mehr Lebensbereichen präsent. Auch die fAu musste nun aus dem Untergrund heraus arbeiten. Wie viele andere Organisationen erkannte sie die Notwendigkeit des bewaffneten Kampfes. In ihrer konkreten Strategie widersprach sie jedoch den marxistisch orientierten Gruppen. Für sie war der bewaffnete Kampf einer revolutionären Minderheit nicht der Weg zur Revolution. Er war lediglich ein Werkzeug, um die bestehenden Kämpfe von unten zu stärken und zur verteidigen. Ihr bewaffneter Arm OPR-33 wurde zum Beispiel dann eingesetzt, wenn Bosse auch nach mehreren Monaten Streik einfach nicht klein beigeben wollten.

1973 putschte das Militär, um die Sicherheit im Land gegen die wachsenden Kämpfen von unten wiederherzustellen. Die meisten Mitglieder der fAu gingen ins Exil nach Argentinien, von wo aus sie sich ständig zwischen beiden Ländern hin und her bewegten. Als 1976 auch Argentinien einen rechten Staatsstreich erlebte, verschärfte sich die Situation erneut. Viele Mitglieder der fAu und der mit ihr verbündeten anarchistischen Gruppierungen in Argentinien wurden verhaftet, gefoltert und fast drei Dutzend Anarchist:innen auch ermordet. Erst als die Diktatur des Militärs in Uruguay 1985 fiel, konnten diejenigen, die überlebt hatten, wieder in ihre Heimat zurückkehren. Doch ihre Organisation war nach 15 Jahren intensivster staatlicher Verfolgung nahezu zerschlagen.

Den politischen Kampf aufzugeben, kam für viele der Mitglieder, die Genoss:innen, Freunde und Geschwister im Kampf für eine bessere Gesellschaft verloren hatten, aber nicht in Frage. Sie machten sich an die Arbeit, um die Organisation wieder aufzubauen. Parallel dazu schauten sie immer stärker in die umliegenden Länder Lateinamerikas. Hier traten sie mit anarchistischen Gruppen in Kontakt und gaben ihre Erfahrungen weiter. Aus diesem Prozess gingen eine Reihe an Organisationen in Brasilien, Argentinien, Chile und Kolumbien hervor, die sich auf den Especifismo beziehen. Es dauerte nicht lange bis die Erfahrungen der fAu auch andere Kontinente erreichten. In Europa wurde schnell die Ähnlichkeit des especifstischen Ansatzes zum Plattformismus erkannt und eine Zusammenarbeit entwickelt. Heute bilden die espcifistischen und plattformistischen Organisationen in den Amerikas, Europa, Asien und Ozeanien eine gemeinsame internationale Koordination.

Auch wir als Plattform sind Teil dieses Zusammenschlusses. Auch wir schöpfen Inspiration aus dem Kampf, den Erfahrungen und der reichhaltigen Theorie der fAu. Wir sind froh die Genoss:innen auch nach 67 Jahren noch an unserer Seite zu wissen. Mögen weitere 67 Jahre des Kampfes für Freiheit und Sozialismus folgen.

Es lebe die fAu!
Es lebe der Anarchismus!
Arriba lxs que luchan!

Um mehr über die Geschichte der fAu zu lernen, lohnt ein Blick in diese englischsprachigen Texte: