Literaturempfehlung: “Hinterwald”

Es ist schon wieder Freitag und wie fast jeden Freitag wollen wir euch an dieser Stelle ein weiteres Buch vorstellen. Heute gibt es eine kleine Prämiere – ein Roman reiht sich ein. In “Hinterwald” von Lisbeth Lutter, laut Selbstbezeichnung ein antifaschistischer Heimatroman bzw. ein Anti-Heimat-Krimi, verschmelzen düstere Realitäten mit ungeschönten Enthüllungen zu einer fesselnden Erzählung. Das Buch beginnt mit einem klaren Statement: Diese Geschichte ist ausgedacht. Sie ist darum nicht weniger wahr.

“Hinterwald” nimmt uns mit in die gleichnamige malerische Alpengemeinde. In dieser Gemeinde leben ehemalige Gebirgsjäger der Wehrmacht, die einst als Teil ihres Bataillons durch Griechenland zogen und dabei grausame Kriegsverbrechen begingen. Während die Veteranen fester Teil der Gemeinschaft sind, inzeniert sich die Gemeinde nach außen als familienfreundliches Touristenziel. Die ruhige Fassade bricht jedoch, als eine Gruppe von Antifaschisten aus Nordrhein-Westfalen auftaucht und zum jährlich stattfindenden Totengedenken die Wahrheit ans Licht bringen will. Eine junge Journalistin sieht ihre Chance auf eine große Story und verstrickt sich plötzlich in eine gefährliche Romanze deren Anziehungskraft ihre bereits brüchige Sicherheit weiter ins Wanken bringt. In diesem packenden Krimi vereinen sich ein komplexes Liebesgeflecht, antifaschistischer Aktivismus und rätselhafte Morde zu einer fesselnden Geschichte voller Spannung und emotionaler Tiefe.

Doch wir haben es hier nicht nur mit Geschichten zu tun. In der Erzählung von “Hinterwald” spiegelt sich die Realität wider, denn sie basiert auf tatsächlichen Protesten, die sich in Mittenwald abspielten. Dabei werden die Spannungen während der Proteste anschaulich eingefangen und es entsteht das beklemmendes Bild einer Gesellschaft, die sich weigert, ihre dunklen Seiten anzuerkennen. Vieles, was in diesem Buch beschrieben wird, entspringt der grausamen und düsteren Geschichte der Kriegsverbrechen, die von den Gebirgsjägern während des Zweiten Weltkriegs begangen wurden. Die Autorin hat geschickt und einfühlsam Elemente dieser Vergangenheit in die Handlung eingebunden, um daran zu erinnern, dass diese Verbrechen keine Fiktion sind, sondern Teil einer unbestreitbaren Realität.

Mit 471 Seiten haben wir es hier mit einem eher dicken Buch zu tun, doch einmal angefangen liest es sich wie im Flug. Die mitreißende Geschichte eignet sich nicht nur für Menschen, die sich mit antifaschistischem Aktivismus identifizieren, sondern bietet auch für all jene, die eine spannende Handlung schätzen und der Thematik grundsätzlich nicht abgeneigt sind, ein packendes Leseerlebnis – das macht das Buch zu einem tollen Geschenk. Es ist für 20 Euro erhältlich beim de Noantri Verlag.