Nach Polizeimord in Frankreich: Unruhen breiten sich aus

Nachdem Polizist:innen am Dienstag den 17-jährigen migrantischen Jugendlichen Nahel bei einer Verkehrskontrolle in Nanterre erschossen haben, breiten sich wütende Unruhen in ganz Frankreich aus.

Beschränkten sich die Proteste am Mittwoch noch auf wenige größere Städte und Nanterre selbst, so nahmen sich in der Nacht von Donnerstag auf Freitag Menschen in fast allen größeren und vielen kleinen Städten die Straßen.

Im Vorfeld hatte Macron 40.000 Polizist:innen inklusive der Spezialeinheiten mobilisiert und in einigen Städten sogar den öffentlichen Nahverkehr lahmgelegt. Alles nur, um die Situation wieder unter Kontrolle zu bringen. Ein friedlicher Gedenkmarsch mit 6000 Teilnehmenden am Donnerstagnachmittag, zu dem die Mutter des getöteten Nahel aufgerufen hatte, wurde mit Tränengasgranaten beschossen.

All das heizte die Wut der Menschen in den Arbeiter:innenvierteln über diesen erneuten Mord der Polizei noch weiter an. Sie entlud sich schließlich Donnerstagnacht in unzähligen Bränden, Plünderungen und Straßenkämpfen mit der Polizei. Diese musste sich aufgrund des massiven Widerstands aus einigen Stadtteilen sogar ganz zurückziehen. Egal ob in der Pariser City, den Vororten, in Lille, Lyon oder Toulouse – in vielen Orten verlor der französische Staat die Kontrolle.

Die rasante Ausbreitung und hohe Intensität der Unruhen kommt für viele unerwartet. Genoss:innen vor Ort berichten davon, dass die Situation immer mehr den Banlieue-Revolten von 2005 ähnelt. Jahrelang angestaute Wut über Armut und Unterdrückung entlädt sich.

In der Vergangenheit waren die Revolten der Jugendlichen in der Banlieue nahezu vollständig losgelöst von anderen Kämpfen und der Linken. Genoss:innen berichten, dass dieser Spalt weiter besteht, aber auch dass er kleiner wirkt als zuvor. Das kann auch mit den vergangenen Monaten der Massenproteste zusammenhängen. Sowohl die Proteste gegen die Rentenreform als auch der Widerstand gegen Umweltzerstörung sahen sich in den letzten Monaten massiver staatlicher Gewalt ausgesetzt. Die Hoffnung ist, dass es gelingt verschiedene Felder des Widerstands zu verbinden.

Unsere ganze Solidarität gilt allen Menschen in Frankreich, die gegen Unterdrückung und Ausbeutung rebellieren. Ihre Wut & Widerstand ist legitim!

Nur die Macht von unten kann Wahrheit und Gerechtigkeit für Nahel und alle anderen Opfer des Staates bringen!