Regensburg: Zwischen Auslagerung (Spaltung) der Arbeiterschaft und Direkter Aktion

Am vergangenen Mittwoch und Donnerstag (05./06.August) streikten Bauarbeiter eines Subunternehmens. Sie besetzten zwei Kräne auf ihrer Baustelle im Stadtteil Königswiesen in Regensburg. Als Grund gaben die Arbeiter an, dass sie für rund zwei Monate keinen Lohn erhalten hatten. Laut den Arbeitern seien dem bestreikten Subunternehmen Gelder vom Bauunternehmen vorenthalten worden wegen mangelnder Erfüllung der Arbeitsziele.
Die Nachricht des Streiks fand schnell Verbreitung im Social Media sowie in der bayrischen Presse.
Letztlich gab es laut Presseberichte des Bayrischen Rundfunks eine Einigung: Das Bauherrunternehmen hat dem Subunternehmen eine fünfstellige Geldsumme überwiesen. Daraufhin seien die streikenden Bauarbeiter bezahlt worden. Der Streik wurde beendet.

Eines unserer Mitglieder aus Bayern war vor Ort und hatte sich ein Bild über die Lage verschafft. Wir haben auch hier wichtige Erfahrungen gemacht, welche wir in zukünftige Kämpfe hinein tragen werden, um die Stellung der Lohnabhängigen zu verbessern:

“Die autonome Gruppe „Sozialrevolutionäre Aktion Regensburg“ (SRA) rief zum Donnerstag dieser Woche zu einer Kundgebung kurz vor Mittag und einer noch geplanten Demonstration am Abend in der Altstadt auf.

Kurz vor der Kundgebung trafen wir uns mit streikenden Arbeitern etwas abseits der Baustelle.
Viele Arbeiter verstanden uns zunächst nicht. Sie holten einen Kollegen, der deutsch sprechen konnte. Dieser erklärte, dass sie aus Ägypten seien und bei einer Firma (Subunternehmen) aus Italien angestellt sind. Es wurden keine Gelder gezahlt. Die Polizei würde ihnen nicht helfen, sondern gegen sie arbeiten. Sie würden hier stehen ohne Versorgung. Nahe gelegene Anwohner*innen wären dagegen sehr nett gewesen und hätten sie unterstützt.

Auf der Kundgebung gegenüber der Baustelle waren am Vormittag bis zu 25 Teilnehmende mit Transparenten versammelt, darunter einige Zeit auch Streikende. Außerdem waren u.a. Pressevertreter*innen des Bayrischen Rundfunks (BR) anwesend.
Redner*innen erklärten ihre Solidarität mit den streikenden Arbeitern und forderten die gerade tätigen Kollegen auf dem Bau auf, sich dem Streik anzuschließen. Auch einer der Bauarbeiter hielt eine Rede, die leider nicht übersetzt wurde und somit für viele – auch für mich – nicht verständlich war. Von den nicht streikenden Bauarbeitern (von anderen Unternehmen/Subunternehmen) gab es auf die Solidaritätsaufrufe keine oder negative Reaktionen. Einer dieser Bauarbeiter begründete die Nichtsolidarisierung mit den streikenden Bauarbeitern mit dem Hinweis, dass diese doch nur für die Interessen des Chefs streiken würden. Diese Haltung veranschaulicht die systemisch geschaffene Spaltung der Belegschaft in Festangestellte und Arbeitern, die für ausgegliederte Subunternehmen arbeiten. Dass die Bauarbeiter für ihre Interessen (Auszahlung des vorenthaltenen Lohns) streikten und hier gleichzeitig indirekt durch die erwirkte Auszahlung von Geldern vom Unternehmen an das Subunternehmen auch die Interessen des Chefs des Subunternehmens bedienten, war für die Nichtstreikenden weniger wichtig. Auch in anderen Branchen sorgen die rechtlich geschaffenen und von den Unternehmen eingesetzten Trennung und Besser-/Schlechterstellung zwischen Festangestellten, Leiharbeitern und Werkverträgen immer wieder für Endsolidarisierungen.

Laut Presseberichten wurden Subunternehmen und die Arbeiter bezahlt. Die Stärke der Direkten Aktion als Kampfmittel kam durch Arbeitsniederlegung und Kranbesetzung sehr schön zum Ausdruck und führte schnell und unbürokratisch zum Ziel der Streikenden. Die Solidarisierung der Arbeiter mit ihrem Subunternehmen ist ein Punkt, der Fragen aufwirft, jedoch zumindest aus Sicht der Interessenlage der Arbeiter nachvollziehbar ist. Es kann natürlich nicht Sache der Lohnabhängigen sein, wenn sich Kapitalist*innen untereinander streiten – in diesem Fall sahen jedoch die Arbeiter ihren Lohn und damit ihre Existenz in Gefahr und handelten damit im eigenen Interesse.”

Unser Mitglied und unsere Organisation haben mit dieser Geschichte einen spannenden Fall begleitet, der uns in unserer weiteren Tätigkeit im Gedächtnis bleiben wird.

Hoch mit denen, die kämpfen!

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